Lesung von Altbischof Dr. Reinhold Stecher
Altbischof Dr. Reinhold Stecher präsentierte Texte aus seiner Geschichtensammlung im Kultur- und Veranstaltungszentrum in Ladis.
Eigentlich war der Termin für die Vorlesung Reinhold Stechers schon letztes Jahr angesetzt worden, doch aus gesundheitlichen Gründen konnte er nicht nach Ladis kommen. Für seine Präsentation wählte der Altbischof einerseits berührende Geschichten aus dem zweiten Weltkrieg und andererseits amüsante Alltagsgeschichten aus.
Mit der Geschichte “ Der Rasierseifendosendeckel” begann er seine Vorlesung. Dieser Deckel war ihm abhanden gekommen und eigentlich, so meint er, müsste ihm das gleichgültig sein, doch dieser Deckel erinnerte ihn an eine wunderschöne Begebenheit. Er erzählte, dass ein Freund und er während der Kriegszeit, auf der Hut vor der Gestapo, in einem Gefängnis heimlich das letzte Abendmahl feierten, mit geschmuggelten Hostien, einem kleinen Fläschchen Messwein und einem alten Klapptisch. Er habe schon viele Eucharistien gefeiert, in prachtvollen Kirchen, mit wunderbar leuchtenden Glasfenstern und goldenen Kelchen, doch keine Feier sei so wunderbar gewesen, wie jene heimliche Eucharistie im Gefängnis.
Auch die Geschichte über ein verstaubtes Lateinbuch rührte die Gäste im KVZ sichtlich. Sie handelte von einem Gärtner, einem Tischler und Reinhold Stecher. Nach fünf Jahren Blut und Dreck, nachdem der ideologische Wahnsinn überwunden schien und sie von dem Gefühl, alles gut überstanden zu haben, überwältigt wurden, fragten der Gärtner und der Tischler den Altbischof, ob er ihnen Latein beibringen könne, da sie beide Priester werden möchten. Für Reinhold Stecher war der Wunsch Priester zu werden immer gegenwärtig, doch dass dieser Wunsch Menschen in dieser schweren Zeit ergriff, erstaunte ihn. Doch er wollte dieser Bitte gerne nachkommen, nur scheiterte es an Papier und seine Kenntnisse in dieser Sprache waren zum Teil verblasst. Doch dann passierte etwas erstaunliches: Als er eben versuchte auf den wenigen Blättern, die ihnen zur Verfügung standen, seine noch in Erinnerung gebliebenen Lateinkenntnisse niederzuschreiben, schweifte sein Blick durch den Raum und er erblickte ein altes, verstaubtes Buch. “Vielleicht sind einige Seiten unbeschrieben”, dachte er sich und als er das Buch in die Hände nahm und aufschlug, war es ein Lateinbuch für die Reifeprüfung. Jahre später traf Reinhold Stecher seine zwei Freunde wieder und beide waren Priester geworden. Schon allein das Finden dieses Buches ist ein erstaunlicher Zufall, doch nachdem der Altbischof sein Buch, das diese Geschichte beinhaltete, veröffentlichte, bekam er darauf einen Anruf. Der Anrufer meinte, jenen zu kennen, dem dieses Buch gehört habe und Reinhold Stecher ist fest im Glauben, dass genau dieses Buch auf ihn gewartet habe.
Eine weitere tief ergreifende Geschichte war folgende: Reinhold Stecher sollte die Firmung für Kinder mit einer Behinderung vornehmen. Bei der Ansprache sollte er sich kurz halten, nachdem er sich lange darauf vorbereitet hatte, wählte er folgende Worte: „Die Menschen, die euch hier betreuen, streicheln euch, weil sie euch lieb haben und bei der Firmung streichelt euch Gott, weil er euch auch sehr lieb hat.“ Und als er dann das Kreuz auf der Stirn eines Kindes machen wollte, sagte das Kind, das kaum sprechen konnte zu ihm: “ Streicheln.” Die Mutter, die das Kind in den Armen hielt brach in Tränen aus und Reinhold Stecher war von diesem Moment überwältigt, für ihn gab es wenige Augenblicke, die ihn so berührten wie die Worte dieses Kindes.
Doch auch amüsante Geschichten trug der Altbischof den Gästen vor. Ein Text trug den Titel „Der Deserteur“ und handelte von Soldaten im zweiten Weltkrieg, die Hunde zum „Russen riechen“ ausbildeten. Doch es kam zu einem Aufruhr, weil sich ein Hund aus dem Staub machte. Die gekonnte Imitation Reinhold Stechers und die lustigen Dialoge strapazierten die Lachmuskeln der Gäste. Da Ladis ein Tourismusgebiet ist, las der Altbischof eine erheiternde Geschichte über den Tourismus vor. Dabei ging es um einen Bergführer der einige Strapazen auf sich nehmen musste, um ans Ziel zu gelangen.
Zwischen den Geschichten sorgte Hubert Marth und zwei Musikanten für musikalische Umrahmung.
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